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Die innovative Arbeit von STADT+NATUR fand sehr viel Aufmerksamkeit in den
Medien. In Fernseh- und Hörfunksendungen wurde auf die Vorteile der naturnahen
Spielgelände hingewiesen, in der Tages- und Fachpresse sind zahlreiche Artikel
erschienen. Letztere können Sie hier anschauen. Bücher, die unsere Arbeit
beschreiben und viele praktische Anleitungen für die Projektarbeit enthalten, sowie
weitere Publikationen, an denen wir mitgearbeitet haben, finden Sie unter "Bücher
und Broschüren". Bei verfügbaren Schriften ist auch die Bezugsquelle aufgeführt.

BÜCHER UND BROSCHÜREN   FERNSEHBERICHTE   ZEITSCHRIFTEN   VIDEOS / DVDs
 
 
Bücher und Broschüren


Wasser und Natur erleben
Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz
(früher: Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz)


 
  Ökologisch orientierte Spiel- und Erlebnisräume

Ministerium für Umwelt und Forsten
Rheinland-Pfalz
© 1997 Mainz

Broschüre leider nicht mehr verfügbar.

Download von der Internernetseite
des Herausgebers


Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz
Rheinland-Pfalz
Kaiser-Friedrich-Straße 7
55116 Mainz




Leseprobe


Ministerium für Umwelt und Forsten
Rheinland-Pfalz

Aus dem Buch "Wasser und Natur erleben"

Kein Spiel ohne Risiko

Spielbereiche sollten Freude am Abenteuer wecken und einen Sinn für Gefahren vermitteln. So können sich Kinder auf Situationen, denen sie im Alltag begegnen besser vorbereiten. In Freiräumen mit kalkulierbaren Risiken können Kinder aus ihren eigenen Erfahrungen am besten lernen.

In der Vergangenheit wurden aus falsch verstandenem Sicherheitsdenken risikoarme, statische Spielräume gebaut. Diese Spielräume wiesen nicht nur einen Mangel an Bewegungsmöglichkeiten auf, sondern sie verhinderten auch den in der Erziehung nötigen Umgang mit Risiken.

Gesundheit – mehr als nur Wohlbefinden

Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation bedeutet Gesundheit nicht nur die Abwesenheit von Krankheit. Der Begriff umfaßt neben dem körperlichen Wohlbefinden auch die seelisch-geistige (psychische), die soziale sowie die spirituelle Ebene, jene Kraft, die durch den Glauben an etwas wirkt, die wir als Lebenskraft erfahren und die Sicherheit gibt.

Gesundheit ist nicht objektiv meßbar. Sie ist von unterschiedlichen Ernährungsweisen, Tagesrhythmen und der Umgebung des jeweiligen Menschen abhängig. Schon Kinder müssen lernen, Körper und Psyche zu beherrschen, ihrem Einfluß auf soziale Beziehungen zur Außenwelt zu vertrauen und damit Erfahrungen zu sammeln.
Allein durch die Erfahrung des Selbermachens erfährt der Mensch Beweglichkeit, entwickelt Selbstvertrauen und entdeckt dabei seine eigenen Grenzen.

Im Spiel können Kinder leicht eigene Grenzerfahrungen machen. Sie sind auf diese Erfahrungen angewiesen, um gesund aufzuwachsen und ein eigenes, persönliches Bild von Gesundheit zu erlangen. Über eigene Erfahrungen lernen sie am besten, Empfindungen als Signale für ihre Bedürfnisse und Grenzen zu erkennen. Außer den meist eindeutigen körperlichen Signalen erfahren sie Stimmungen und Launen, die durch andere Menschen und eigene Taten ausgelöst werden. Durch das Deuten dieser Signale lernen sie, besser mit sich selbst umzugehen und gesünder zu leben.

Nach diesem Verständnis ist Gesundheit die Sache jedes einzelnen und nicht die eines Arztes oder einer Behörde.

Gesund durch Spielen

Spielen bereitet Kinder auf das Leben vor. Sie lernen im Spiel ihre Umwelt und die mit ihr verbundenen Bedingungen kennen.

Spielen ist für Kinder ernsthaftes Tun und nicht das Gegenteil von Arbeit. Um die eigenen Fähigkeiten und Grenzen kennenzulernen, müssen Kinder mit allen Sinnen spielen. Dies bedeutet den Einsatz von Körper, Geist und Seele. Altersunabhängig erfahren Kinder im Spiel Selbstbestätigung(Gelingen), Fremdbestätigung(Lob, Anerkennung), Selbsteinschätzung(Erfahren eigener Grenzen) und Abgrenzung durch andere(Verlieren im Wettkampf).

Erwachsene sind aufgefordert, Kindern Erlebnisspielräume anzubieten, in denen sie Grenzen spielerisch erfahren, und lernen, diese zu überwinden. Die dabei möglichen Risiken haben sich an den Bedürfnissen und dem Können der Kinder zu orientieren. Beobachtungen zeigen, daß Kinder dieses Können ständig weiterentwickeln: Mauern und Bauzäune werden erklettert und zum Balancieren genutzt, immer höhere Bäume werden bestiegen.

Grenzerfahrungen sind für Kinder ein gesunder Alltagsprozeß, den risikoarme Spielplätze, die sich allein an Normen und Vorschriften orientieren, verhindern. Für Erlebnisspielräume müssen deshalb Grundsätze aufgestellt werden, die sich an den Bedürfnissen der Kinder orientieren, mit kalkulierbaren Risiken, ähnlich denen, die in freier Natur vorkommen. Auf solchen Plätzen lassen Eltern ihre Kinder letztendlich auch spielen. Aus den Mängeln in der Planung traditioneller Spielplätze resultiert die Erkenntnis: nicht unsere Spielräume sind gefährlich, gefährlich ist es, wenn Kinder unerfahren, ungeübt und unwissend sind.

Es ist daher wichtig, Spielräume mit soviel kalkulierbarem Risiko wie möglich zu planen.

Wieviel Sicherheit brauchen wir?

Ebenso wie konventionelle sind auch naturnahe Spielräume nicht ohne Risiken für Kinder. Es gibt einige Grundsätze zur Unfallverhütung, die zu beachten sind.

Frei zugängliche Erlebnisspielräume unterliegen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht gemäß §823 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Die Träger der Flächen geben diese zur spielerischen Benutzung frei. Dabei müssen bestimmte Gefahren – sogenannte versteckte Gefahren, die Kinder nicht erkennen können – vermieden werden. So merken Kinder nicht rechtzeitig, wenn ein Baumstamm zum Sitzen oder Balancieren nicht verankert ist und beim Spielen ins Rollen kommen kann. Das Risiko, auf einem verankerten Baumstamm beim Balancieren abzurutschen, können Kinder hingegen abschätzen.

Bei der Beurteilung von Sicherheitsfragen kann man auf langjährige Erfahrungen zurückgreifen, die in das Normenwerk „Spielplätze/Spielgeräte„ (DIN 18034 und DIN 7926) eingeflossen sind. Die technischen Normen sind in erster Linie Empfehlungen von Fachausschüssen, deren Einhaltung die Sicherheit auf Spielplätzen gewährleisten soll.

Das spielerische Risiko ist in der DIN 18034 Abschnitt 5.1 so beschrieben:
"Sicherheit und Gesunderhaltung der Kinder müssen bei allen Maßnahmen von Planung, Bau- und Unterhaltung von Spielflächen bedacht werden. Sicherheitsmaßnahmen sind zusammen mit der Forderung zu sehen, daß Spielflächen, abgestuft nach Altersgruppen, vor allem auch eine erzieherische Funktion ausüben. Freude am Abenteuer und Bestehen eines Risikos als Bestandteil des Spielwertes sind im Rahmen kalkulierter spielerisch-sportlicher Betätigung erwünscht. Für Kinder nicht erkennbare Gefahren sind zu vermeiden.„

Dieser Normtext ist die Kernaussage des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 25. April 1978 (VIZR 194/76-NJW 1978 S.1626). Hier hatte das Gericht über die eventuelle Haftung einer Gemeinde nach einem schweren Spielplatzunfall zu entscheiden. Der Platz war nach damaligen Grundsätzen weitgehend naturnah gestaltet. Die Bauten waren aus Holz errichtet, über einen Bach führte eine Holzbrücke mit einem Geländer. Ein zwölfjähriger Junge sprang von diesem Geländer in den Bach, der wenig Wasser führte, und verletzte sich schwer. Das Gericht bestätigte die Auffassung der Gemeinde, daß die Ausstattung zulässig war und das spielerische Risiko in Betracht gezogen worden war. Mit dem für ein zwölfjähriges Kind abnormen Verhalten brauchte man nicht zu rechnen.

Wo immer gebaut wird, ist die Sicherheit der dort lebenden Menschen zu berücksichtigen. Das gilt nicht nur für Gebäude, sondern auch für Freiflächen, Wege und Straßen. Bei der Planung von Spielräumen sind die vom Gesetz vorgegebenen Sicherheitsanforderungen zu beachten. Die Frage ist, wo die Grenze der zumutbaren Risiken liegt.

 

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